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26.06.2015

Mehr als 1.000 Aortenklappeneingriffe am schlagenden Herzen (TAVI)

Ein Herz – ein Team: Das TAVI-Team des Herz- und Diabeteszentrums NRW: (v.l.) Prof. Dr. Jan Gummert, Dr. Marios Vlachojannis, Dr. Werner Scholtz, Dr. Smita Scholtz, Prof. Dr. Stephan Ensminger, PD Dr. Jochen Börgermann, PD Dr. Olaf Oldenburg, Prof. Dr. Cornelia Piper und Prof. Dr. Dieter Horstkotte. Es fehlt Dr. Michael Benzinger (Foto Armin Kühn).

Warum Kardiologen und Herzchirurgen den Eingriff gemeinsam planen und durchführen.

TAVI oder offene Herzoperation: Im Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW), Bad Oeynhausen, entscheidet ein Herzteam aus Kardiologen und Herzchirurgen gemeinsam darüber, welches Verfahren bei einem notwendigen Ersatz der Aortenklappe angewendet wird. Mit "TAVI" ist dabei die minimalinvasive Transkatheter-Aortenklappenimplantation am schlagenden Herzen gemeint, den die Bad Oeynhausener Herzspezialisten ohne den sonst notwendigen Einsatz der Herz-Lungen-Maschine vornehmen. Über 1000 solcher Transkatheter-Herzklappen sind im HDZ NRW inzwischen erfolgreich eingesetzt worden. Der TAVI-Eingriff bleibt den sogenannten Hochrisikopatienten vorbehalten. Behandelt werden sie unter der Leitung der HDZ-Chefärzte Prof. Dr. Dieter Horstkotte (Kardiologie) und Prof. Dr. Jan Gummert (Herzchirurgie).

Die Aortenklappenverengung (Stenose) ist die häufigste erworbene Herzklappenerkrankung. Sie tritt meist in höherem Alter auf, weil sich die drei halbmondförmigen Klappentaschen aufgrund von Verschleiß (Degeneration) oder Verkalkung (Sklerose) nicht mehr weit genug öffnen können. Dadurch muss die linke Herzkammer einen deutlich erhöhten Druck aufbringen, um das Blut durch die verengte Klappe zu pressen. Die Folge: Betroffene leiden unter Atemnot, Brustenge, plötzlicher Bewusstlosigkeit oder akuter Herzschwäche. Die Lebenserwartung ist bei symptomatischen Patienten deutlich eingeschränkt.

"Etwa drei bis fünf Prozent der über 75-Jährigen weisen eine hochgradige Verengung der Aortenklappe auf", beschreibt Prof. Dr. Dieter Horstkotte die Situation. "Wenn die Klappe sich nicht mehr weit genug öffnen kann, besteht dringender Handlungsbedarf." Dann muss die Aortenklappe ersetzt werden.

TAVI Team: Im Einsatz für Risikopatienten
"Es gilt dabei stets, sehr individuell abzuwägen, welcher Eingriff für unseren Patienten das geringstmögliche Risiko darstellt. Grundsätzlich kann man sagen, dass hochbetagte Patienten oder Menschen mit schweren Begleiterkrankungen von einem Verfahren ohne Einsatz der Herz-Lungen-Maschine profitieren", sagt Prof. Dr. Jan Gummert.

Zu der Einzelentscheidung für das für den Patienten am besten geeignete und schonendste Verfahren, das auch langfristig eine hohe Lebensqualität verspricht, setzen sich die Mitglieder des HDZ-Herzteams zusammen. Die erfahrenen Oberärzte der Herzchirurgie und Kardiologie beurteilen dabei gemeinsam mit Anästhesisten, Intensivmedizinern, Radiologen und einer Psychologin der Universitätsklinik die Vor- und Nachteile des anstehenden Eingriffs.

Einig sind sich die Herzspezialisten im HDZ NRW darüber, dass Aortenklappeneingriffe am schlagenden Herzen nur in ausgewiesenen Zentren ausgeführt werden sollten, die eine angemessene Anzahl von Fällen vorweisen können. In Kliniken, die wie das Herz- und Diabeteszentrum NRW am nationalen Aortenklappen-Register (GARY = German Aortic Valve Registry) teilnehmen, ist eine risikoarme Behandlung sichergestellt. Das Register erfasst alle Patientendaten mit Aortenklappeneingriffen und wertet diese langfristig nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten aus. Besteht kein erhöhtes Risiko, so ist aus medizinischer Sicht eine konventionelle Herzoperation zu bevorzugen. Das belegt eine aktuelle Studie aus diesem Register. Gibt es jedoch Gründe, die gegen den Einsatz der Herz-Lungen-Maschine sprechen, so kann das TAVI-Verfahren diesen Risikopatienten langfristig eine gute Lebensqualität sichern.

HDZ NRW: Mehr als 1.900 Herzklappenoperationen pro Jahr
Wichtig: Eine TAVI-Operation sollten Kardiologe und Herzchirurg gemeinsam durchführen. Im HDZ NRW geschieht dies in einem Hybridoperationssaal, der mit modernster Medizin- und Röntgentechnik ausgestattet ist. Für den Notfall stehen so immer eine Herz-Lungen-Maschine und herzchirurgische Expertise bereit. Die Aortenklappenprothese (Ersatzklappe) wird im zusammengefalteten Zustand mittels Katheter entweder von der Leistenarterie aus in das Herz eingeführt (transfemoraler Zugang) oder sie wird direkt über die Herzspitze in die linke Herzkammer eingebracht (transapikaler Zugang).

Insgesamt werden im Herz- und Diabeteszentrum NRW jährlich mehr als 1.900 Herzklappenoperationen durchgeführt, die meisten davon gelten der Aortenklappe - 1.400 Verfahren waren es im vergangenen Jahr. Über die Hälfte davon (950) betrafen ausschließlich den Aortenklappenersatz, der wiederum 280 Mal im vergangenen Jahr als minimalinvasiver TAVI Eingriff ausgeführt worden ist.

"Bei den seit 2009 im HDZ durchgeführten über 1.000 TAVI-Eingriffen lag das mittlere Lebensalter der Patienten bei knapp 83 Jahren. Und die älteste Patientin war über 97 Jahre alt," berichtet Dr. Werner Scholtz, Oberarzt der Klinik für Kardiologie. "Ein Vorteil dieser Methode liegt in der guten Verträglichkeit des Eingriffs, der im HDZ in den letzten Jahren mit deutlich besseren Ergebnissen als im Bundesdurchschnitt durchgeführt wurde. Viele Patienten gehen bereits nach wenigen Tagen in die Anschlussheilbehandlung." Seine herzchirurgischen Partner Prof. Dr. Stephan Ensminger und Privatdozent Dr. Jochen Börgermann ergänzen: "Unsere guten Ergebnisse, die in die bundesweite Auswertung zu modernen Herzklappeneingriffen einfließen, beruhen auf exzellentem Fachwissen, viel Erfahrung und - wie in den anderen Fachbereichen im HDZ auch - einer großen Portion Teamgeist.".

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