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04.12.2012

133 künstliche Herzschläge pro Minute

Ralf Ende hat seit dem 1. März 2012 kein eigenes Herz mehr. Sein Lebensretter: Ein vollständiger künstlicher Herzersatz (TAH -Total Artificial Heart).

Prof. Dr. Jan Gummert fachsimpelt mit dem Patienten Ralf Ende über sein CardioWest-System (Foto Armin Kühn).

Kunstherzspezialisten aus der ganzen Welt treffen sich in Bad Oeynhausen

Das Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW) in Bad Oeynhausen veranstaltet in Kooperation mit der Pariser Universitätsklinik La Pitié-Salpêtrière den 7. Jahreskongress der Kunstherzspezialisten, „European Mechanical Support Summit“ (EUMS). Rund 300 Experten aus aller Welt diskutieren vom 5. bis zum 8. Dezember 2012 im Theater im Park in Bad Oeynhausen aktuelle Fragen zum Einsatz der künstlichen Herzunterstützung. Die dort gewonnenen Erkenntnisse kommen Patienten mit einer schweren Herzschwäche, wie Ralf Ende (49) aus Ibbenbüren, zugute.

Ralf Ende ist Patient der HDZ-Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie unter der Leitung von Prof. Dr. Jan Gummert. „Seine Krankengeschichte ähnelt der unserer 154 weiteren Patienten am HDZ NRW, die derzeit nur mit einem vollständigen Herzersatz oder einem Herzunterstützungssystem ihre Wartezeit auf ein Spenderherz überbrücken“, so Gummert.

Zwei Tage nach einer normalen Grippe konnte Ralf Ende plötzlich keine Treppen mehr steigen und bekam akute Atemnot. Nach einem kurzen Aufenthalt auf der Intensivstation des heimatlichen Krankenhauses wurde er zu den Herzspezialisten in die Bad Oeynhausener Uniklinik verlegt. Bei der anschließenden Operation stand schnell fest: Sein Herz kann nicht mehr gerettet werden. Ein Kunstherz war seine Rettung. Seit über 275 Tagen lebt Ralf Ende nun mit dem künstlichen Ersatzherzen (TAH - Total Artificial Heart). Er ist auf einen Druckluftkompressor angewiesen, der als Antrieb für sein künstliches Herz dient und den er auf einem Rollator mit sich führt. Zwei kurze Schläuche verbinden den Kompressor mit dem künstlichen Herzersatz, dem CardioWest-System des amerikanischen Herstellers Syncardia, in seiner Brust.

Mit der Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit kann Ralf Ende gut leben. Eine größere Belastung stellt der Druckluftkompressor für ihn dar, der Tag und Nacht regelmäßige laute Geräusche verursacht. „Einerseits signalisieren mir die Geräusche, dass das System funktioniert“, so Ralf Ende, „selbst die kleinsten Veränderungen registriere ich sofort. Zum Glück ist das noch nicht häufig passiert.“ Andererseits schränkt die permanente Geräuschkulisse Ralf Ende aber auch in vielen Unternehmungen ein. „Viele Mitmenschen fühlen sich gestört durch den Lärm meines Kunstherzens.“
Den Takt seines künstlichen Herzens kann er selbst bestimmen. Das geschieht gemeinsam mit den speziell geschulten Pflegekräften am HDZ NRW, den sogenannten VAD-Koordinatoren (VAD = ventricular assist devices). Bei gesunden Menschen liegt der normale Herzschlag zwischen 60 und 80 Schlägen in der Minute. Derzeit fühlt sich Ralf Ende mit einem Pulsschlag von 133 Schlägen pro Minute am wohlsten. Er hofft, mit dem künstlichen System die Wartezeit bis zur lebensrettenden Organtransplantation weiterhin gut zu überstehen. Denn bei aller medizintechnischer Innovation bestehen mit den künstlichen Herzpumpen immer auch Risiken für die Patienten.


Gesamte Bandbreite der Kunstherztherapie auf dem EUMS-Kongress 2012
Auf dem diesjährigen Kongress stehen deswegen folgende Fragen im Mittelpunkt: Wie wirkt sich die Kunstherztherapie auf die Lebensqualität der Erkrankten aus? Wie kann man eine drohende Gerinnselbildung am Pumpenkopf oder Infektionen frühzeitig erkennen und behandeln. Und vor allem: Wie weit ist die Forschung noch vom voll implantierbaren künstlichen Herzen entfernt?
Das diesjährige Programm knüpft an die Tradition der Vorgänger-Kongresse an, möglichst viele Facetten der Kunstherztherapie abzudecken. So diskutieren die Experten beispielsweise darüber wann ein totaler Herzersatz (TAH) notwendig ist und tauschen Erfahrungen zum langfristigen Einsatz der verschiedenen Systeme aus. Erstmals reichen die Spezialisten dabei auch praktische Erfahrungen an Zentren aus Ländern weiter, die gerade dabei sind, ein eigenes Kunstherzprogramm aufzubauen.

„Wir freuen uns über einen intensiven und erkenntnisreichen Austausch aller beteiligten Experten“, betont Prof. Dr. Jan Gummert, unter dessen Leitung im vergangenen Jahr über 100 Herzunterstützungssysteme eingesetzt wurden. Dagegen konnten in 2011 nur 77 Herztransplantationen durchgeführt werden. In Bad Oeynhausen befinden sich zurzeit 244 Patienten auf der Warteliste für ein Spenderherz, davon 22 im höchsten Dringlichkeitsstatus „HU“ (High Urgency), darunter auch Ralf Ende.

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