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15.05.2013

Warum es wichtig ist, zwei Zahnbürsten zu benutzen

Jahrestreffen: Serafettin Atilmis (l., 72) hat im Oktober 1991 ein neues Herz erhalten. Sein Betreuer damals und heute: Jürgen Brakhage (r.), Transplantationsberater im Herz- und Diabeteszentrum NRW, Bad Oeynhausen (Foto: HDZ NRW).

Jürgen Brakhage ist Transplantationsberater im Herz- und Diabeteszentrum NRW, Bad Oeynhausen

Den allerersten Patienten, den er bis zur Herztransplantation und in der Zeit danach begleitet hat, wird Jürgen Brakhage niemals vergessen. Ganz genau kann er sich noch an den Tag vor 22 Jahren erinnern, an dem er Serafettin Atilmis in den Operationssaal gefahren hat. Sein Patient von damals ist heute 72 Jahre alt und fühlt sich prächtig. Einmal im Jahr kommt der rüstige Rentner zur jährlichen medizinischen Kontrolle nach Bad Oeynhausen. Dann lässt er es sich nicht nehmen, jedes Mal bei seinem früheren Pfleger vorbeizuschauen.
„Wenn ich sehe, wie gut es den meisten Patienten noch so viele Jahre mit einem neuen Herzen geht – das ist einfach unbeschreiblich schön“, sagt Brakhage. Menschen, die auf ein Herz warten, zu begleiten, auf das neue Organ vorzubereiten und sie nach der Transplantation zu beraten, ist sein Beruf. Das macht er seit über 20 Jahren. Seit zwei Jahren ist der gelernte Intensivkrankenpfleger offizieller Transplantationsberater in der Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie unter der Leitung von Prof. Dr. Jan Gummert.

Das Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen (HDZ NRW) in Bad Oeynhausen ist seit vielen Jahren das mit Abstand größte Herztransplantationszentrum in Deutschland. Zwischen 60 und 80 Herzen werden hier jährlich transplantiert. Im vergangenen Jahr waren es 73, insgesamt 2.000 Spenderherzen, die hier verpflanzt wurden. Hinzu kommen Lungen- sowie Herz-Lungen-Transplantationen. "Es ist enorm wichtig, dass Menschen, die ein fremdes Organ erhalten, darauf vorbereitet werden“, sagt Jürgen Brakhage. „Denn natürlich wird sich das Leben nach der Transplantation ändern. Diese Dinge zu beachten, das erfordert ebenso Verständnis wie auch eine gewisse Disziplin.“ Die meisten Patienten lassen sich darauf ein. Es ist der Preis für ein geschenktes Leben.

Dieses Geschenk anzunehmen, betrifft auch die Angehörigen, die immer in die persönliche Beratung mit einbezogen werden, so Brakhage. Dabei entsteht oft ein besonderes Vertrauensverhältnis. Da geht es dann nicht nur darum, regelmäßig seine Medikamente zu nehmen. Oder dass man sich von Haustieren besser trennen sollte. Besonders Katzen im Freigang stellen ein Risiko dar für Menschen, deren Immunabwehr mit Medikamenten niedrig gehalten wird. Topfpflanzen? Tartar? Lieber grundsätzlich zu Hydrokulturen und gut gegarten Nahrungsmitteln übergehen, empfiehlt der Transplantationsberater. Eine Fülle von Fragen betreffen den ganz normalen Alltag, einige sind auch sehr persönlicher Art.

Auch für Brakhage gibt es Grenzen. „Ich bin kein Arzt. Ich bin kein Psychologe. Dafür steht den Patienten in unserer Klinik ein großes Team zur Seite: Fachärzte, Pflegekräfte, Psychologinnen, Seelsorger. Wir helfen alle, wo wir können.“ Als Transplantationsberater in der Herzchirurgie ist er der Abteilungsleiterin für Medizinische Psychologie, Dr. Katharina Tigges-Limmer, zugeordnet. „Wir alle begleiten Transplantationspatienten auf einem schwierigen Lebensweg. Die Höhen und Tiefen, die unsere Patienten dabei oft mitmachen, gehen auch an uns nicht vorüber.“

Aber die große Erfahrung der Teamkollegen untereinander hilft. Einst hat Brakhage selbst von seiner eigenen Herztransplantation geträumt. Aber das, sagt er schmunzelnd, sei doch schon lange her. Für existentielle Fragen sind andere zuständig. Ihm sei eher wichtig, dass die Menschen verstehen, warum sie zwei Zahnbürsten besitzen sollten. Wenn die eine morgens, die andere abends benutzt wird, dann reduziert die 24-stündige Trockenzeit schon wieder eine erhebliche Anzahl von Keimen. Was so banal klingt, hilft Herztransplantierten, ihre Lebenszeit zu verlängern. „Wenn ich dazu beitragen kann“, so Brakhage, „dann ist ja alles gut.“

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