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02.10.2013

Der Wille des Patienten und die Verantwortung des Arztes

Setzen sich mit Fragen der Ethik und Patientenrechte im Herz- und Diabeteszentrum NRW auseinander: (v.l.). Wilhelm Hecker, Prof. Dr. Deniz Kececioglu, Prof. Dr. Ruth Rissing-van Saan (Foto Armin Kühn).

Klinisches Ethik-Komitee informierte im Herz- und Diabeteszentrum NRW, Bad Oeynhausen

Als Vorsitzende Richterin war Prof. Dr. Ruth Rissing-van Saan vor zwei Jahren an einem wegweisenden Urteil zur Sterbehilfe beteiligt. Im Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW), Bad Oeynhausen, nahm sie jetzt Stellung zu juristischen Fragen bei Therapien am Lebensende.
Die medizinische Behandlung von schwerstkranken Menschen, neue Behandlungsmethoden sowie der Einsatz der Medizintechnik erfordern in zunehmendem Maße, dass sich alle beteiligten Berufsgruppen mit ethisch-moralischen und juristischen Fragestellungen auseinandersetzen. Auf diese Aufgaben konzentriert sich das Klinische Ethik-Komitee des Herz- und Diabeteszentrums NRW, das vor zwei Jahren erstmals bundesweit in einer Spezialklinik etabliert worden ist.

„Vor allem die Versorgung unserer Patienten mit künstlicher Herzunterstützung stellt Mediziner, Angehörige, Psychologen und Pflegekräfte häufig vor schwierige Entscheidungen“, betont Wilhelm Hecker, Geschäftsführer des HDZ NRW. „Unser Ethik-Komitee setzt sich daher intensiv mit dem jeweiligen Einzelfall auseinander. Erklärtes Ziel ist dabei ein gemeinsam getragenes Einverständnis zur weiteren Behandlung oder dem Abbruch der Therapie.“
In ihrem Vortrag im gut besuchten Hörsaal des Universitätsklinikums wies Prof. Rissing-van Saan darauf hin, wie eng mit dem technischen und medizinischen Fortschritt der vergangenen zehn bis 15 Jahre die Frage verbunden sei, ob die Therapiemöglichkeiten am Lebensende noch eine Verbesserung des Gesundheitszustandes bewirken können. Bedeute die Verlängerung des Lebens auch gewonnene Lebensqualität? Der Konflikt des Arztes sei es, über existentielle Fragen zu entscheiden. Hier geben der Gesetzgeber mit dem sog. Patientenverfügungsgesetz (2009),und das Urteil des Bundesgerichtshofes zur Sterbehilfe (2010) die Rahmenbedingungen für ärztliches Handeln und ärztliche Entscheidungen vor, die sich maßgeblich an der Achtung des Lebens und der Menschenwürde orientieren.

„Grundsätzlich hat der Patientenwille Vorrang gegenüber dem ärztlichen Heilauftrag“, lautete das Fazit der ehemaligen Richterin des Bundesgerichtshofs, die heute als Honorarprofessorin an der Juristischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum Strafrecht und Strafprozessrecht lehrt und sich auch als stellv. Vorstandsvorsitzende der Deutschen Palliativstiftung schwerpunktmäßig mit Rechtsfragen am Lebensende beschäftigt.
Daher dürfe die verantwortungsbewußte medizinische Versorgung bei dem Wunsch nach Therapieabbruch keinen Unterschied machen zwischen dem Einsatz einer künstlichen Beatmung, Ernährung oder eines Kunstherzsystems. „Es gibt keine Rechtsverpflichtung zur Erhaltung eines erlöschenden Lebens um jeden Preis“, zitierte die Juristin aus einem Urteil, das der Bundesgerichtshof bereits vor über 20 Jahren ausgesprochen hatte.
Doch räumte Prof. Rissing-van Saan ein, dass die medizinische Einzelfall-Entscheidung keine leichte sei und besser nicht nur einer einzelnen Person überlassen werden sollte. So waren während ihres zweitägigen Besuchs im Herz- und Diabeteszentrum NRW noch viele Fragen zu beantworten. Die Expertin nutzte die Gelegenheit auch, um sich auf der VAD-Station der Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie eingehend über die Therapie der Herzunterstützung zu informieren und sich bei Prof. Dr. Deniz Kececioglu, dem Vorsitzenden des Ethik-Komitees im HDZ NRW, Pastorin Antje Freitag und dem Medizinethiker Dr. Arnd May Einblicke in verschiedenste Themen der behandelten Fallberatungen zu verschaffen. „ Neben der bisherigen sehr engagierten Umsetzung allgemein moralischer Werte wie Menschenwürde, Autonomie, Verantwortung, Fürsorge und Vertrauen hat sich unser Klinisches Ethik-Komitee auch zum Ziel gesetzt, weitere Mitarbeiter zu sensibilisieren und fortzubilden“, erläuterte Prof. Kececioglu.

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