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18.03.2022

Heute ist Weltschlaftag (18. März)! – Ein Experteninterview

Hundemüde in den Weltschlaftag 2022? Das muss nicht sein, wie OÄ Dr. Haußleiter zu berichten weiß. (Bildquelle: Canva)

Schlecht geschlafen? Oftmals wird hinter mangelnder Konzentration, Müdigkeit oder Gereiztheit Schlafmangel vermutet. Schlaf ist wichtig und ohne geht es nicht. Und irgendwann fallen die Augen dann in der Regel auch einfach zu. Am heutigen Weltschlaftag möchten wir von Dr. Ida Sibylle Haußleiter, Oberärztin im Track für Affektive Störungen der LWL-Universitätsklinik Bochum, wissen, warum Schlaf für unser Wohlbefinden so wichtig ist und welche Auswirkung Schlafmangel hat.

Schlaf hat einen großen Einfluss auf unsere Psyche. Sind wir in einer schlechten seelischen Verfassung können wir oft nicht gut schlafen. Schläft denn ein ausgeglichener und glücklicher Mensch besser? Was hat der Schlaf mit unseren Stimmungen zu tun?

Es gibt inzwischen viel Forschung zum Zusammenhang von Schlaf und psychischen Störungen. Dabei gibt es verschiedene Hypothesen, u.a. dass eine Anfälligkeit oder Verletzlichkeit des genetisch vorgegebenen Taktgebers („innere Uhr“) eher zu psychischen Störungen wie zum Beispiel Depressionen führen kann. Umgekehrt können Symptome der Erkrankung den Tag-Nacht-Rhythmus verändern. So stehe ich zum Beispiel bei einer Antriebsstörung und Hoffnungslosigkeit im Rahmen einer Depression später auf, lege mich zwischendurch aufgrund von Erschöpfung hin, schlafe später ein, weil ich grüble und so weiter. All das verschiebt dann den – eigentlich natürlich vorgegebenen – Rhythmus.

Dabei ist diese innere Taktung ganz wichtig. Für Menschen, Tiere und Pflanzen. Vereinfacht gesagt, ist der Körper darauf angelegt zu schlafen, wenn es draußen dunkel ist, und aktiv zu werden bei Tageslicht. Im Rahmen unserer Behandlung haben Schlafhygiene und eine geregelte Tagesstruktur große Bedeutung.

Ich würde daher ihre Frage so beantworten: Nicht ein glücklicher Mensch schläft besser, sondern ein Mensch mit besserem Schlaf ist glücklicher.



Welchen Einfluss hat schlechter oder mangelnder Schlaf auf unsere psychische Gesundheit?

Wer schlecht (Qualität) oder zu wenig/zu viel (Quantität) schläft, ist am Folgetag nicht ausgeruht, weniger belastbar, kognitiv weniger leistungsfähig. Körper und Geist benötigen die nächtliche Ruhephase, um sich zu regenerieren. Auch die Funktionen unserer Organe richten sich nach einem Tag-Nacht-Rhythmus, d.h. auch Vorgänge wie Verdauung, Hormonfreisetzung usw. laufen zu bestimmten Zeiten ab. Wenn mein Tagesablauf und meine Schlafenszeiten „dazu passen“, steigt mein Wohlbefinden.

Eine große Studie in der amerikanischen Zeitschrift „Lancet“ hat 2018 den Zusammenhang zwischen dem messbaren Tag-Nacht-Rhythmus (mit Aktivitätsmessern am Handgelenk) psychischer Gesundheit, Wohlbefinden und der Entwicklung psychiatrischer Erkrankungen untersucht. Über 90.000 Teilnehmende im Alter von 37 bis 73 Jahren sind zwei Jahre lang untersucht worden. Bei einem gestörten Tag-Nacht-Rhythmus war das Risiko höher, an einer Depression oder bipolaren Störung zu erkranken. Zudem berichteten diese Teilnehmerinnen und Teilnehmer, stärker unter Stimmungsschwankungen und Einsamkeit zu leiden, weniger Freude zu empfinden und mit ihrer Gesundheit weniger zufrieden zu sein. Diese Ergebnisse waren unabhängig von Alter, Geschlecht, Lebensstil, Ausbildung und Gesamtaktivität der Teilnehmenden.



Wann müssen Schlafstörungen behandelt werden?

Vereinfacht gesagt: Eine Behandlung sollte erfolgen, wenn Leidensruck beim Betroffenen besteht. Ein Sonderfall sind Schlafstörungen im beruflichen Kontext (Berufskraftfahrer, Bedienen von Maschinen usw.), wenn Konzentrationsstörungen, Müdigkeit oder sogar Sekundenschlaf zu Fehlern und Gefahren führen.

Die Behandlung der Schlafstörung richtet sich primär nach der Ursache. Wenn eine körperliche Ursache (sog. Schlaf-Apnoe-Syndrom) vorliegt, wird dies vom Lungenarzt oder Schlafmediziner diagnostiziert und behandelt.

In der Psychiatrie sind Schlafstörungen als Symptom häufig und treten als Symptom bei vielen psychiatrischen Erkrankungen auf. Selten sind Schlafstörungen das einzige Symptom. Häufig werden sie aber von Betroffenen früh und als besonders störend wahrgenommen.

Vor dem Besuch beim Haus- oder Facharzt gibt es inzwischen schon viele Möglichkeiten, mit denen sich der eigene Schlaf beobachten und verbessern lässt:

- Diverse Apps tracken u.a. Schlafgewohnheiten, Schlafdauer, Wachphasen.
- Für geregelte Schlafzeiten sorgen. Der Schlaf sollte vor Mitternacht einsetzen, um dem natürlichen Rhythmus zu folgen.
- Generell nur bei Müdigkeit ins Bett gehen. Das Bett ist nur zum Schlafen da! Bei Wachphasen zur gemütlichen Entspannung andere Wohnbereiche nutzen.
- Der Schlafraum sollte ruhig, abgedunkelt und mit 15-18°C temperiert sein.
- Ein angenehmes „Zu-Bett-Geh-Ritual" bewährt sich nicht nur bei Kindern. Der Körper lernt durch die täglich gleich ablaufenden Schritte, dass bald der Ruhemodus angestrebt wird.
- In den Nachmittagsstunden auf anregende Genussmittel (Kaffee, Schwarztee, Energie-Drinks) oder auch ein spätabendliches Essen verzichten.
- Kein Bildschirm-Licht (Handy, Tablett, TV) am/im Bett.

Pressekontakt:

Rosa Sommer
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